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13.07.2022rss_feed

Reklamation – Haftung für sog. Mangelfolgeschäden – Teil I

Kommt es zu einer Reklamation, so ist oftmals die Neulieferung der mangelhaften Ware das geringste Übel. Hohe Kosten verursachen zum einen die Aus- und Einbaukosten, die seit 2018 auch mit zu ersetzen sind, wenn der Kunde die verdeckt mangelhafte Ware verwendungszweckgemäß einbaut, und zum anderen die sog. Mangelfolgeschäden. Mangelfolgeschäden sind Vermögenseinbußen, die durch die Mangelhaftigkeit der Kaufsache an anderen Rechtsgütern entstehen, die mit der Kaufsache in irgendeiner Weise in Verbindung gekommen sind. Ein konkreter Fall aus der Holzhandelspraxis: Wegen des Spontanbruchs einer Glastür zerkratzen Glassplitter die Oberflächen von Boden und Arbeitsplatte. Kann der Kunde jetzt im Rahmen der Nacherfüllung auch das Abschleifen des Bodens oder eine neue Arbeitsplatte in der Küche verlangen?


Der Ersatz auch von diesen Schäden ist nicht von der verschuldensunabhängigen kaufrechtlichen Gewährleistungshaftung mit umfasst. Damit der Verbraucher (oder auch der gewerbliche Kunde) diese mangelbedingten Folgeschäden geltend machen können, müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • Kaufvertrag
  • mangelhafte Kaufsache
  • Vertretenmüssen/Verschulden des Verkäufers für den Mangel

Der Verkäufer muss also den Mangel entweder selbst (vorsätzlich oder fahrlässig) verursacht haben oder er musste Kenntnis davon haben (oder hätte haben müssen).

Ob diese Voraussetzungen vorliegen, muss für jeden Einzelfall geprüft werden. Regelmäßig wird der Händler die von ihm vertriebene Ware nicht selbst herstellen, sondern von einem Lieferanten oder dem Hersteller beziehen, sodass Fehler im Produktionsprozess ihm nicht zu Last gelegt werden können.


Anders ist die Rechtslage, wenn der Mangel als Folge einer unsachgemäßen Behandlung oder Einlagerung auf Seiten des Händlers entstanden ist. Dann ist das Verschulden wieder zu bejahen. Ein Verschulden wird auch dann bejaht, wenn der Händler Kenntnis von dem Mangel hatte oder hätte haben müssen. Das kann z.B. dann gegeben sein, wenn durch vorangegangene Reklamationen Hinweise vorlagen, dass die Ware nicht mangelfrei sein könnte.

Die gute Botschaft ist, dass ein Verschulden des Händlers nicht allein deshalb bejaht wird, weil seine Ware mangelhaft war. Hierzu erkennt die Rechtsprechung an, dass eine auf jedes einzelne Produkt bezogene Untersuchungsobliegenheit den Händler nicht nur wirtschaftlich, sondern auch organisatorisch übermäßig belasten und in unangemessener Weise in die betriebsinternen Abläufe eingreifen würde. Es bleibt aber die Pflicht, zumindest stichprobenhaft die Ware beim Eingang zu untersuchen. Abweichendes gilt nur dann, wenn sich dem Händler aufgrund besonderer Umstände ein konkreter Verdacht auf einen Mangel aufdrängt.

Deshalb soll auch in diesem Zusammenhang auf die besondere Bedeutung der Eingangsuntersuchung hingewiesen werden.


Macht der Kunde den Ersatz für die Kosten der neuen Arbeitsplatte, die durch Glassplitter beschädigt wurde (siehe Beispiel vom Anfang), geltend, so muss nicht der Kunde das Verschulden nachweisen, sondern der Händler muss darlegen, dass ihn kein Verschulden trifft. Damit das gelingt, empfiehlt es sich, die Ergebnisse von stichprobenartigen Überprüfungen stets zu dokumentieren und zu archivieren, um sie im Streitfalle entgegenhalten zu können. (ga)


Foto: © TimArbaev-Thinkstock.com

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